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Zahl der Krankschreibungen geht zurück

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Mittwoch, 31. Januar 2018

Zahl der Krankschreibungen geht zurück

Quelle: pexels.com

Im vergangenen Jahr waren sog. Erwerbspersonen (sozialversicherungspflichtig Beschäftigte sowie Empfänger des Arbeitslosengeldes I) in Deutschland zwar seltener krankgeschrieben, die Ausfallzeit im Krankheitsfall stieg jeweils aber im Vergleich zu 2016. Zudem hat mehr als die Hälfte der 5 Millionen Versicherten gar keine Krankschreibung abgegeben. Das geht aus vorab veröffentlichten Daten des TK-Gesundheitsreports 2018 hervor.

Für das Jahr 2017 verzeichnete die Techniker Krankenkasse einen Krankenstand von 4,13 %. Die Fehlzeiten aufgrund einer Krankheit gingen demnach um 1,1 % im Vergleich zu 2016 zurück. Im Schnitt entspricht das 15,1 Krankheitstagen pro Versichertem im vergangenen Jahr. Gar nicht krankgeschrieben im Jahr 2017 waren mit 50,9 % der Beschäftigten übrigens etwas mehr als die Hälfte der Versicherten.
Die häufigsten Ursachen für das Fernbleiben waren Depressionen, Atemwegsinfektionen und Rückenschmerzen. Den größten Teil der Beschwerden machen insgesamt aber weiterhin die sog. Muskel-Skelett-Erkrankungen aus, ihr Anteil an den Fehltagen betrug rund 20 %. Dennoch gehen die Fehlzeiten in diesem Bereich eher zurück, bei gleichzeitigem Anstieg psychisch bedingter Ausfälle.

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Wettbewerbswidrige Stellenanzeigen

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Es herrscht ein immer größerer Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter. Daher nutzen immer mehr Arbeitgeber auch Stellenanzeigen, um das Unternehmen selbst oder aber die zu besetzende Stelle besonders positiv hervorzuheben. Doch diese können wettbewerbswidrig sein. Abmahnungen oder im schlimmsten Fall Schadensersatzansprüche drohen.

1 Stellenanzeigen als Wettbewerbshandlung

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen und schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb, § 1 UWG. Das Gesetz knüpft jeweils an sog. geschäftliche Handlungen an, die man nach der älteren Fassung des UWG auch als Wettbewerbshandlungen bezeichnet.

Die Beurteilung einer Wettbewerbshandlung setzt dabei nicht notwendigerweise voraus, dass eine Werbemaßnahme produktbezogen ist. Auch Handlungen, die auf die Vorbereitung künftigen Wettbewerbs gerichtet sind, sind umfasst. Da mit dem einzustellenden Personal die Voraussetzungen für den künftigen Produktabsatz geschaffen werden sollen, liegt objektiv ein Handeln zu Wettbewerbszwecken vor. Subjektiv genügt es, wenn daneben Wettbewerbszwecke verfolgt werden, die nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktreten (OLG Nürnberg, Urt. v. 22.12.1992 – 3 U 3119/92; Hans. OLG Hamburg, Urt. v. 24.4.2003 – 5 U 168/02, K&R 2003, S. 614). Auch eine reine Aufmerksamkeitswerbung, welche etwa geeignet ist, den Namen des werbenden Unternehmens im Verkehr bekanntzumachen oder dessen Verkehrsbekanntheit zu steigern, rechnet zu den Wettbewerbshandlungen i. S. d. § 1 UWG, da der Verbraucher letztlich den Angeboten eines Unternehmens, dessen Namen er kennt, von vornherein auch eine erhöhte Aufmerksamkeit widmet (BGH, Urt. v. 6.7.1995 – I ZR 110/93). Für das Vorliegen einer Wettbewerbshandlung genügt nach der Rechtsprechung des BGH, dass die Stellung eines Unternehmens im Wettbewerb „irgendwie“ gefördert wird (Urt. v. 5.12.2002 – I ZR 115/00, NJW 2003, S. 1814).

Enthält eine Anzeige daher nicht nur ein Stellenangebot, sondern zugleich eine Selbstdarstellung und -präsentation, liegt darin nach der Rechtsprechung eine werbemäßige Anpreisung nicht nur gegenüber dem interessierten Stellensucher, sondern auch gegenüber sonstigen am Wirtschaftsleben interessierten Lesern (BGH v. 5.12.2002, a. a. O.). Stellenzeigen kann dabei bereits wegen ihrer Größe und farblichen Gestaltung eine Werbewirksamkeit zukommen (OLG Dresden, Urt. v. 18.4.2000 – 14 U 3538/99, NJW-RR 2001, S. 919). Eine Imagewerbung, die nicht hinter der Suche nach Arbeitskräften zurücktritt und geeignet ist, den Aussagegehalt der Stellenanzeigen zu beeinflussen, muss – so der BGH – wegen ihrer Werbewirkung mit den Regeln des lauteren Wettbewerbs vereinbar sein (Urt. v. 5.12.2002, a. a. O.). Würde man Stellenanzeigen pauschal die Werbeeigenschaft absprechen, so läge die Gefahr der Umgehung von Werbeverboten nahe (OLG Dresden v. 18.4.2000, a. a. O.). Der Umstand, dass die Gestaltung einer Werbung nicht auf ein Warenangebot gerichtet ist, steht der Anwendung des § 1 UWG somit nicht entgegen.

2 Irreführende Angaben

Geschäftliche Handlungen sind gem. § 3 Abs. 2 UWG unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten von Verbrauchern wesentlich zu beeinflussen. Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (§ 5 UWG).

Eine Irreführung wird in der Rechtsprechung bereits dann angenommen, wenn ein nicht unerheblicher Teil des Publikums durch Angaben, die zur Irreführung geeignet sind, angelockt und veranlasst wird, sich mit dem beworbenen Angebot überhaupt oder näher zu befassen (BGH, Urt. v. 25.4.1991 – I ZR 192/89).

Beispiel

Stellenanzeigen können etwa dann irreführend und damit wettbewerbswidrig sein, wenn durch sie suggeriert wird, dass Bewerber eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit ausüben und besondere Kenntnisse anwenden oder erwerben können, wenn sie einen Arbeitsvertrag abschließen, dies jedoch nicht den Tatsachen entspricht. So lag etwa ein Fall, der vom LG Braunschweig entschieden werden musste (Urt. v. 25.2.2009 – 9 O 1551/08). In einer Stellenanzeige suchte ein Arbeitgeber Mitarbeiter für die Erstellung von Steuererklärungen, Jahresabschlüssen und Buchhaltungsarbeiten, ohne dass seitens des Unternehmens eine Berechtigung zur Durchführung dieser Tätigkeiten bestand. Die Stellenanzeige enthielt somit unwahre Angaben und diente vor allem dazu, besonders qualifizierte Bewerber anzulocken.1

Gerne werben Arbeitgeber in ihren Stellenanzeigen mit sog. Alleinstellungsmerkmalen, wie „Marktführer“ oder „Führendes Unternehmen“. Nicht selten verbindet der Leser gerade mit Angaben über eine erreichte Größe aber auch Vorstellungen über die Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Aus der Angabe einer „Marktführerschaft“ entnimmt er vor allem, dass es qualitativ überlegen ist, weil es über ein besseres Knowhow, bessere persönliche und sachliche Ausstattung verfügt und letztlich seinen Mitbewerbern an Erfahrung und Wissen überlegen ist (OLG Zweibrücken, Urt. v. 7.2.2002 – 4 U 90/01, NJW-RR 2002, S. 1066). Stellenanzeigen können dabei nicht nur geeignet sein, die Entscheidung von Stellensuchenden zu beeinflussen, sondern auch die eines zufälligen Lesers. Auch wenn sie sich in erster Linie an potenzielle Bewerber richten, so entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass solche Anzeigen auch von anderen Personen gelesen werden (OLG Dresden v. 18.4.2000, a. a. O.). Nach der Rechtsprechung wird damit nicht nur der Wettbewerb um qualifiziertes Personal gefördert, sondern auch der um den Absatz von Produkten des Unternehmens (Hans. OLG v. 24.4.2003, a. a. O.).

Durch andere Begriffe, etwa „familienfreundliches Unternehmen“, wird bspw. suggeriert, dass das Wohl der Mitarbeiter im Unternehmen im Vordergrund steht. Es liegt damit durchaus nahe, dass ein Stellensuchender oder aber auch zufälliger Leser der Stellenanzeige, sich letztlich auch für die Waren und Produkte des Unternehmens mehr interessiert und damit potenzieller Kunde wird. Derartige Aussagen können daher auch geeignet sein, die Stellung eines Unternehmens auf dem Markt zu fördern. Denn sie werden vom unbefangenen Leser, auch wenn sie in einer Stellenanzeige enthalten sind, dahin verstanden, dass diese Firma besser sei als ihre Mitbewerber, zumal die Annahme nicht fernliegt, dass der Begriff „familienfreundlich“ beim Verbraucher eine besondere Vertrauenswürdigkeit erwecken kann. Denn gerade auch solche Selbstbezeichnungen werden letztlich vom Verkehr als ernstzunehmende Aussagen verstanden (OLG Zweibrücken v. 7.2.2002, a. a. O.).

Entspricht jedoch eine vom Unternehmen getroffene Behauptung nicht der Wahrheit, ist sie wegen Verstoßes gegen § 3 UWG unzulässig (Hans. OLG v. 24.4.2003, a. a. O.).

3 Abmahnung

Da es im Schwerpunkt ein Problem des Wettbewerbsrechts ist, wenn mit Behauptungen für einen Arbeitsplatz geworben wird, so schließt sich daran die Frage an, mit welchen Mitteln Verstöße geahndet werden können. Da Wettbewerbsrecht im Personalwesen sozusagen nicht zum täglichen Brot gehört, sei hierauf kurz eingegangen. Das wichtigste Durchsetzungsinstrument des Wettbewerbsrechts ist – quantitativ wie in seiner Wirkung– die Abmahnung. Ausdrückliche Erwähnung findet sie in § 12 UWG. Danach sollen

  1. die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten

  2. den Schuldner

  3. vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens

  4. abmahnen und ihm

  5. Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungserklärung

beizulegen.

Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann Ersatz der für die Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Für die Abmahnung ist keine Form vorgeschrieben, nicht einmal die Schriftform ist erforderlich. Allerdings ist es schon aus Gründen der Beweissicherung unbedingt zu empfehlen, Abmahnungen ausschließlich schriftlich zu verfassen, mindestens aber einen Zeugen hinzuzuziehen (vgl. Himmelsbach, Wettbewerbsrecht, 4. Aufl., Rdnr. 597 ff.). Der Abmahnungsgegner muss exakt nachvollziehen können, welches Verhalten ihm gegenüber kritisiert wird, wie er sich nach Ansicht des Abmahnenden rechtskonform verhalten kann und was ihm von diesem droht, falls er sein Verhalten nicht ändert.

Die Abmahnung besteht nicht nur aus dem Teil, der beschreibt, welches Verhalten als rechtswidrig angesehen wird, sondern regelmäßig auch aus einer vorformulierten Unterlassungserklärung. Mit der Abmahnung unterbreitet der Abmahnende dem Abgemahnten – auch als „Verletzer“ bezeichnet – das Angebot auf Abschluss eines Unterwerfungsvertrags. In diesem ist geregelt, was passiert, wenn sich der Verletzer nicht an die Vorgaben des Vertrags hält. Regelmäßig wird darin für jede Verletzung des Unterwerfungsvertrags die Pflicht zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme vereinbart. Beim „Hamburger Brauch“ wird keine bestimmte Summe genannt, sondern die Höhe der Vertragsstrafe in das Ermessen des Geschädigten gestellt. Die Parteien können sich in diesem Fall dann später vor Gericht darüber streiten, ob der Verletzte eine in der Höhe angemessene Strafe gefordert hat (vgl. Himmelsbach, a. a. O.). Bei Unterwerfung durch den Verletzer wird diese Summe unabhängig davon fällig, ob die angegriffene Wettbewerbshandlung tatsächlich rechtswidrig ist. Der Unterwerfungsvertrag selbst ist Rechtsgrundlage für die verwirkte Vertragsstrafe.

Wer selbst Adressat einer Abmahnung wird, sollte umgehend fachjuristischen Rat einholen, weil er anderenfalls weitere rechtliche Schritte gegen sich zu erwarten hat. Denn nur in seltenen Fällen wird ein Abmahnschreiben ein „Bluff“ sein, dem keine weiteren Schritte folgen – jedenfalls dann, wenn es von einer spezialisierten Kanzlei stammt. Die hierfür vorgesehene Frist, die dem Schreiben zu entnehmen ist und „angemessen“ sein muss, sollte nicht erst weitgehend ausgeschöpft werden, bevor man tätig wird. Aufgrund der Funktion des Unterwerfungsvertrags als eigenständige Rechtsgrundlage sollte aber die Erklärung auch nicht einfach unterschrieben werden – es sei denn, man sieht den eigenen Fehler ein und kann sicherstellen, dass es zu keiner Wiederholung kommen wird.

4 Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche

§ 8 UWG regelt ausdrücklich Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung. Danach kann u. a. derjenige, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, auf Beseitigung und – bei Wiederholungsgefahr – auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Der Beseitigungsanspruch ist gerichtet auf die Abwehr einer bereits eingetretenen, aber fortwirkenden Beeinträchtigung, während der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftigen rechtswidrigen Verhaltens gerichtet ist (Schmitz-Fohrmann/Schwab in: Götting/Nordemann, UWG Kommentar, 3. Auflage, § 8, Rdnr. 2 f.). Diese Rechte stehen gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG jedem Mitbewerber zu. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist „Mitbewerber“ jeder, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein konkretes Wettbewerbsverhältnis i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG vor, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen, mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen – d. h. im Absatz behindern oder stören – kann (BGH, Urt. v. 21.2.2002 – I ZR 281/99).

Wie bereits festgestellt, kann mit einer Stellenanzeige nicht nur der Wettbewerb um qualifiziertes Personal gefördert werden, sondern auch der um Produktabsatz (Hans. OLG v. 24.4.2003, a. a. O.). Die BGH-Rechtsprechung stellt an das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses keine hohen Anforderungen. Insbesondere setzt dies demnach nicht notwendigerweise eine Behinderung des Absatzes einer bestimmten Ware durch eine andere voraus. Vielmehr reicht aus, dass sich der Verletzer durch seine Handlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zum Betroffenen stellt (BGH, Urt. v. 29.11.1984 – I ZR 158/82). Nach Auffassung der Karlsruher Richter genügt es daher, wenn zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine Maßnahme für sein Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die ein anderer dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde beeinträchtigt werden kann (BGH, Urt. v. 10.4.2014 – I ZR 43/13, DB 2014, S. 2766). Nicht ausreichend ist hingegen, wenn die Maßnahme den anderen nur irgendwie in seinem Marktstreben betrifft (BGH, Urt. v. 17.10.2013 – I ZR 173/12).

Arbeitgeber sollten beachten, dass für ein konkretes Wettbewerbsverhältnis nicht einmal erforderlich ist, dass die Parteien der gleichen Branche angehören (BGH, Urt. v. 7.12.1989 – I ZR 3/88, NJW-RR 1990, S. 479) oder auf der gleichen Vertriebsstufe tätig sind (BGH v. 10.4.2014, a. a. O.). Da es für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung regelmäßig nur um die konkret beanstandete Handlung geht, genügt es somit, dass das Wettbewerbsverhältnis erst durch diese begründet worden ist, auch wenn die Parteien unterschiedlichen Branchen angehören oder nicht auf der gleichen Vertriebsstufe tätig sind. Voraussetzung eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses ist aber auch in solchen Fällen, dass die Parteien mit der konkret beanstandeten Wettbewerbshandlung versuchen, gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen (BGH v. 10.4.2014, a. a. O.).

Beispiel

So wurde in einem Fall, der bis vor den BGH kam (Urt v. 7.12.1989, a. a. O.), zwischen drei Klägern, die alle Steuerberater waren, und dem Beklagten, der sich mit dem Vertrieb von Immobilien einschließlich der dazugehörigen Finanzierungen befasste, ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bejaht, da Letzterer mit steuerlichen Gründen für ein von ihm entworfenes Immobilienanlagemodell geworben hatte und in einem Werbeschreiben u. a. dazu aufforderte, weitere Informationsschriften mit Erläuterung von ihm einzuholen.

Durch den Entwurf und das Angebot von Steuersparmodellen, so der BGH, sei der Beklagte in Wettbewerb zu den Klägern in ihrer Eigenschaft als Steuerberater getreten, da sie insoweit die gleichen Interessenten ansprechen. Zu Recht haben sich nach seiner Ansicht die Kläger daher darauf berufen, durch irreführende Angaben in ihrer eigenen Beratung gegenüber Anlageinteressenten beeinträchtigt worden zu sein, indem diese sich z. B. von ihnen abwenden, weil sie nicht selbst zu dem angepriesenen Steuersparmodell geraten haben.

5 Schadensersatzansprüche

Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern gem. § 9 Satz 1 UWG zudem zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Die BGH-Rechtsprechung geht davon aus, dass nach einem allgemeinen Erfahrungssatz des Wettbewerbsrechts dem von einem Wettbewerbsverstoß unmittelbar Betroffenen regelmäßig ein Schaden entsteht (Urt. v. 17.6.1992 – I ZR 107/90; v. 14.2.2008 – I ZR 135/05, NJW 2008, S. 2716).

Bei einer wettbewerbswidrigen Stellenanzeige kann der Schaden sowohl in dem Verlust qualifizierter Mitarbeiter als auch in dem Verlust (potenzieller) Kunden liegen. Für die Bemessung der Höhe eines Schadensersatzanspruchs nach § 9 UWG gelten die zivilrechtlichen Regelungen gem. §§ 249–254 BGB (BGH, Urt. v. 21.1.2016 – I ZR 90/14, MDR 2016, S. 1410).

6 Exkurs: Ansprüche von Arbeitnehmern

Arbeitgeber sollten beachten, dass bei unrichtigen bzw. irreführenden Stellenanzeigen auch Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers drohen können, wenn dieser unter falschen Voraussetzungen „angelockt“ wurde. Denn auch bei der Anbahnung von Arbeitsverhältnissen darf man keine Vorstellungen erwecken, die mit den tatsächlichen Möglichkeiten und Gegebenheiten im Widerspruch stehen (BAG, Urt. v. 7.9.1995 – 8 AZR 695/94). Durch eine solche Anzeige wird der Stellensuchende letztlich zu einer für ihn relevanten wirtschaftlichen Entscheidung veranlasst, nämlich zum Abschluss eines Arbeitsvertrags (LG Braunschweig v. 25.2.2009, a. a. O.).

Verleitet der Arbeitgeber daher durch unzutreffende Angaben den Beschäftigten zur Begründung des Arbeitsverhältnisses, so haftet er ihm gegenüber zugleich aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen. Ist eine Schutzpflicht im vorvertraglichen Verhältnis (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1. BGB) verletzt, so haftet der Schädiger auf den Ersatz des negativen Interesses (Vertrauensschaden), welches nicht durch das positive Interesse begrenzt ist (ArbG Berlin, Urt. v. 29.5.2013 – 55 Ca 18019/12). Dabei bedeutet „negatives Interesse“, dass der Bewerber so gestellt werden muss, als wenn er von der Stellenanzeige nie gehört hätte, ihm also Aufwendungen ersetzt werden müssen wie Lohnausfall und Bewerbungskosten. Das positive Interesse bedeutet, dass der Mitarbeiter so zu stellen ist, wie wenn die Versprechungen in der Stellenanzeige der Realität entsprächen.

Unternehmen müssen daher darauf achten, dass sie durch die Stellenausschreibung keine falschen Vorstellungen beim Arbeitnehmer erwecken oder Aussagen darin treffen, die sie bei einem späteren Vertragsverhältnis tatsächlich nicht erfüllen können. So lag etwa ein Fall, der vom Hessischen LAG entschieden werden musste (Urt. v. 13.1.1993 – 2 Sa 522/92). Der Arbeitgeber hatte in einer Stellenanzeige unzutreffende Angaben über die Höhe des zu erzielenden Mindestjahreseinkommens gemacht und auch im Vorstellungsgespräch den Bewerber nicht darauf hingewiesen, dass das in der Stellenanzeige angegebene Mindesteinkommen nur durch Provisionen erzielbar ist und lediglich von wenigen Mitarbeitern tatsächlich auch erreicht wird. Das Gericht entschied, dass das Unternehmen gegen eine ihm gegenüber Stellenbewerbern obliegende Aufklärungspflicht verstoßen hatte und gab der Klage des Arbeitnehmers auf Schadensersatz statt. Es verurteile den Arbeitgeber zur Erstattung der Differenz zwischen dem in der Stellenanzeige angegebenem Mindesteinkommen und dem tatsächlichen Einkommen.

Ein Verschulden bei Vertragsschluss kann Unternehmen somit auch noch nach Abschluss des Vertrags zum Schadensersatz verpflichten, wenn das Arbeitsverhältnis aus Gründen vorzeitig endet, die dem Beschäftigten vor Abschluss des Vertrags unrichtig mitgeteilt oder unter Verletzung der Aufklärungspflicht verschwiegen wurden (Hess. LAG, Urt. v. 27.3.2003 – 9 Sa 1211/01).

7 Darlegungs- und Beweislast

Grundsätzlich ist der Kläger für die Unrichtigkeit der beanstandeten Werbebehauptung darlegungs- und beweispflichtig (OLG Zweibrücken v. 7.2.2002, a. a. O.). Allerdings gelten nach der Rechtsprechung Erleichterungen, wenn es sich um Vorgänge handelt, die zum innerbetrieblichen Bereich des Arbeitgebers gehören und die ein Kläger nicht kennt, über die das Unternehmen dagegen leicht die erforderliche Aufklärung geben kann. Dann entspricht es nach der Rechtsprechung dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB), dass der Arbeitgeber die erforderliche Aufklärung leistet, sofern sie ihm nach den Umständen zuzumuten ist (LG Braunschweig v. 25.2.2009, a. a. O.). Kommt er seiner Darlegungs- und Beweispflicht nicht nach, wird davon ausgegangen, dass die in der Stellenanzeige aufgestellten Behauptungen unrichtig oder jedenfalls irreführend sind.

Im Hinblick auf einen Schadensersatzanspruch gem. § 9 UWG kommen Mitbewerbern bei der Darlegung und dem Nachweis eines entgangenen Gewinns die Erleichterungen gem. § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO zugute (BGH v. 21.1.2016, a. a. O.). Demzufolge ist ein Gewinnentgang bereits dann zu bejahen, wenn es nach den gewöhnlichen Umständen wahrscheinlicher ist, dass der Gewinn ohne das haftungsbegründende Ereignis erzielt worden wäre, als dass er ausgeblieben wäre. Diese Prognose kann man zwar nur dann anstellen, wenn der Geschädigte konkrete Anknüpfungstatsachen darlegt und nachweist; daran dürfen jedoch – so die BGH-Rechtsprechung – keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (Urt. v. 14.2.2008, a. a. O.).

Wer Ersatz des Gewinns verlangt, der ihm infolge einer durch eine unlautere geschäftliche Handlung verursachten Verminderung seines Umsatzes entgangen ist, muss allerdings dem Gericht die Tatsachen vortragen, die es diesem ermöglichen, zu beurteilen, dass er den verlangten Betrag tatsächlich als Gewinn erzielt hätte, wenn der Konkurrent das beanstandete Verhalten nicht vorgenommen hätte. Die Bestimmung des § 252 Satz 2 BGB, nach welcher der Gewinn als entgangen gilt, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, und die Vorschrift des § 287 ZPO, nach der das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung darüber entscheidet, wie hoch sich ein unter den Parteien streitiger Schaden beläuft, entheben den Verletzten zwar der Notwendigkeit, den entgangenen Gewinn genau zu belegen. Sie ersparen es ihm jedoch nicht, dem Gericht eine tatsächliche Grundlage zu unterbreiten, die diesem eine wenigstens im Groben zutreffende Schätzung des entgangenen Gewinns ermöglicht (BGH, Urt. v. 6.3.1980 – X ZR 49/78; v. 22.4.1993 – I ZR 52/91).

8 Fazit

In der Wirtschaft wird mitunter sprichwörtlich mit harten Bandagen gekämpft. Dies betrifft auch den Umgang mit Stellenanzeigen. So können diese etwa der Sicherung des Börsenwertes einer AG dienen („Kurspflege“; dies war wohl gelegentlich in der Zeit des „Neuen Marktes“ vor rund 20 Jahren der Fall, ist aber sehr schwer nachzuweisen).

Aber auch die Entwicklung der letzten Jahre, in denen zunehmend Wettbewerbe um die beliebtesten oder die familienfreundlichsten Unternehmen durchgeführt wurden, hat gezeigt, dass man manchmal genau hinschauen muss, um zu ermitteln, was hinter einer entsprechenden Ehrenurkunde steckt, nach welchen Kriterien bewertet wurde und wie viele Teilnehmer ein Wettbewerb überhaupt hatte. Wenn etwa die „üblichen Verdächtigen“, also Großkonzerne bekannter Marken, die über entsprechende PR-Abteilungen verfügen, solche Wettbewerbe immer gewinnen, kann das auch daran liegen, dass die Teilnahmekriterien von diesen viel leichter erfüllt werden.

Nicht alles, was Wettbewerber verärgert, ist letztlich auch abmahnfähig, aber man sollte ggf. wettbewerbsrechtliche Schritte prüfen und im Bewerbungsverfahren nicht allzu sehr übertreiben.

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Wettbewerbswidrige Stellenanzeigen?

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Donnerstag, 1. Februar 2018

Wettbewerbswidrige Stellenanzeigen?

Quelle: pixabay.com

Lesen Sie schon jetzt vorab unseren Blickpunktbeitrag aus dem neuen Heft AuA 02/18, das am 5.2. erscheint: Es herrscht ein immer größerer Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter. Daher nutzen immer mehr Arbeitgeber auch Stellenanzeigen, um das Unternehmen selbst oder aber die zu besetzende Stelle besonders positiv hervorzuheben. Doch diese können wettbewerbswidrig sein. Abmahnungen oder im schlimmsten Fall Schadensersatzansprüche drohen. Zwar ist nicht alles, was Wettbewerber verärgert, letztlich auch abmahnfähig, aber man sollte ggf. wettbewerbsrechtliche Schritte prüfen und im Bewerbungsverfahren nicht allzu sehr übertreiben.

Hier finden Sie exklusiv den kompletten Beitrag samt pdf-Version (am Ende des Textes).

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Rücktritt vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot

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1. Februar 2018

Das BAG (Urt. v. 31.1.2018 – 10 AZR 392/17) hat bestätigt, dass auch eine „Trotz-E-Mail“ einen Rücktritt vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot darstellen kann. Bei einem Wettbewerbsverbot handelt es sich nach Ansicht des BAG um einen gegenseitigen Vertrag, auf den die Vorschriften des Rücktritts anwendbar sind.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten bestand ein Arbeitsverhältnis, das zum 31.1.2016 durch den Arbeitnehmer gekündigt wurde. In dem Arbeitsvertrag wurde u.a. vereinbart, dass im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein dreimonatiges Wettbewerbsverbot gegen eine Karenzentschädigung i. H. v. 50 % der monatlichen Bezüge besteht. Im weiteren Verlauf forderte der Beschäftigte die Beklagte am 1.3.2016 vergeblich zur Zahlung der Karenzentschädigung für den Monat Februar 2016 auf. Nachdem letztere untätig blieb, wendete sich der Kläger am 8.3.2016 per E-mail mit folgendem Inhalt an den Betrieb: „Bezugnehmend auf Ihre E-Mail vom 1. März 2016 sowie das Telefonat mit Herrn B. möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mich ab sofort nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden fühle.“ Das Unternehmen vertrat hierzu die Ansicht, dass in der E-Mail ein wirksamer Rücktritt liegt. Der Kläger meinte hingegen, es handele sich lediglich um eine Trotzreaktion, die keine Rechtsfolge erzeugen sollte.

Nach dem BAG handelt es sich bei einem nachträglichen Wettbewerbsverbot nach §§ 74 ff. HGB um einen gegenseitigen Vertrag gem. §§ 320 ff. BGB, von dem mit ex nunc Wirkung zurückgetreten werden kann. Die „Trotz-E-Mail“ sei deshalb als wirksamer Rücktritt vom Wettbewerbsverbot zu verstehen. Weil die Gegenseite die Karenzentschädigung nicht rechtzeitig erbracht hat, liegen auch die Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt vor. Der Kläger hat demnach nur einen Anspruch auf Zahlung der Karenzentschädigung bis zur Erklärung des Rücktritts am 8.3.2016. Für die Zeit danach sind weitere Zahlungen ausgeschlossen.

Festzuhalten ist somit, dass eine subjektiv nicht ernst gemeinte E-Mail im Außenverhältnis durchaus Rechtswirkung entfalten kann. Es sollte deshalb zweimal überlegt werden, ob die möglichen Rechtsfolgen aus dem Wortlaut einer Mitteilung intendiert sind.

Zum Thema „Nachvertragliche Wettbewerbsverbote“ und Möglichkeiten für Arbeitgeber haben Bernhardt/Merget in AuA 1/18, S. 19 ff., einen Beitrag mit Tipps für die Praxis verfasst.

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Tariffähigkeit des Zentralverbands Deutscher Schornsteinfeger e. V. (ZDS) zweifelhaft

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2. Februar 2018

Das BAG (Urt. v. 31.1.2018 – 10 AZR 60/16 (A), 10 AZR 695/16 (A), 10 AZR 722/16 (A)) äußert Zweifel an der Tariffähigkeit und –zuständigkeit des Zentralverbands Deutscher Schornsteinfeger e. V. (ZDS).

Nach Satzung des ZDS kann (jede/r nicht selbständige Schornsteinfeger/in …, der/die Gesellenprüfung im Schornsteinfegerhandwerk bestanden hat“, Mitglied werden. Selbständige Schornsteinfeger können Fördermitglieder werden. Der ZDS gründete mit dem Bundesverband der Schornsteinfeger - Zentralinnungsverband (ZIV) als gemeinsame Einrichtung eine Ausbildungskostenausgleichskasse im Schornsteinhandwerk (AKS). Zweck der AKS ist es, eine ausreichende Anzahl von Ausbildungsplätzen bereitzustellen sowie die Sicherstellung einer qualifizierten Berufsausbildung im Schornsteinfegerhandwerk zu fördern.

Um dieses Ziel zu erreichen, schlossen der ZDS sowie der ZIV zwei Tarifverträge ab (TV AKS 2012, TV AKS 2014). Dabei wurde unter anderem vereinbart, dass Beiträge durch selbständige Schornsteinfeger an die AKS zu leisten sind. Die beklagten selbstständigen Schornsteinfeger wehrten sich gegen die Beitragspflicht aus den Tarifverträgen.

Laut BAG ist die Beitragspflicht an sich materiell rechtlich unbedenklich. Das BAG äußerte aber erhebliche Zweifel an der Tariffähigkeit. Es wird vertreten, dass der ZDS nicht gegnerfrei ist, weil sowohl selbständige als auch nichtselbständige Schornsteinfeger Mitglied werden können. Die Tarifzuständigkeit ist ebenfalls zweifelhaft, da laut Satzung Auszubildende selbst nicht Mitglied werden können. In dem zugrunde liegenden Fall kam es hierauf jedoch nicht an, denn es ist bereits unzulässig, Beiträge von Betrieben ohne Arbeitnehmer zu fordern.

Insofern wurde die tarifliche Regelungsmacht zumindest hinsichtlich der Beitragspflicht überschritten. Ob die Tarifverträge auch im Übrigen unwirksam sind, hat das BAG nicht entschieden. Es bleibt somit spannend.

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Kongress Arbeitsrecht: GroKO III und die große Arbeitsrechtsreform?

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Freitag, 2. Februar 2018

Kongress Arbeitsrecht: GroKO III und die große Arbeitsrechtsreform?

Quelle: pexels.de

Die Sondierungsgespräche von CDU, CSU und SPD haben gezeigt: Wenn eine Große Koalition zustande kommt, dann sind im Arbeitsrecht einige Veränderungen zu erwarten. Die Flexibilisierung der Arbeitszeit, Ausweitung des Rechts auf Teilzeit, die Einschränkung des Befristungsrecht sowie die paritätischen Gesundheitsversorgung sind dabei nur einige Themenbereiche, die in der nächsten Legislaturperiode zu großen Veränderungen führen könnten. Arbeitgeberpräsident Kramer sieht dabei die Gefahr, dass der Sondierungsplan zu wenig auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland setzt. Besonders problematisch sei auch, dass die Vorschriften über die Arbeitszeit aus dem letzten Jahrhundert stammen. Sofern ein Koalitionsvertrag zustande kommt, wird die Diskussion über den richtigen Mittelweg ins Rollen kommen. Wir werden Sie hier über die Zielsetzungen der Koalitionspartner informieren.

An diese Themen knüpfen wir aber auch am 27. und 28. Februar 2018 auf unserem diesjährigen Kongress Arbeitsrecht (www.kongress-arbeitsrecht.de) unter der Schirmherrschaft des BDA an. Dabei wird der inhaltliche Schwerpunkt auf dem schnellen Wandel des Arbeitsrechts liegen. Sie sind herzlich eingeladen, an der Veranstaltung teilzunehmen.    

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Welche Sozialversicherung ist bei Entsendung zuständig?

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Quelle: pexels.com
5. Februar 2018

In einem Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH (C-527/16) vertritt Generalanwalt Øe in seinen Schlussanträgen vom 31.1.2018 die Ansicht, dass die Bindungswirkung ausländischer Sozialversicherungsbescheinigungen grundsätzlich so lange im Land eines anderen Mitgliedsstaates anhalten soll, bis sie durch das Ausstellungsland widerrufen wurden.

In dem vorgenannten Verfahren beauftragte das österreichische Unternehmen Alpenrind den ungarischen Dienstleister Martin-Meat, Fleischzerlegungen in den Räumlichkeiten von Alpenrind auf österreichischem Boden vorzunehmen. Hierzu entsandte Martin-Meat 250 Mitarbeiter für 23 Monate. Im Folgenden forderten die Salzburger Gebietskrankenkasse (SGKK) und das Bundesministerium  für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz in Wien, dass die Arbeitnehmer in der österreichischen Sozialkasse zu versichern seien. Hierzu sei ein Widerruf der Sozialversicherungsbescheinigungen durch Ungarn erforderlich. Dieser Ansicht schloss sich auch die Verwaltungskommission der EU an. Trotzdem widerrief Ungarn ihre Sozialversicherung nicht. Die SGKK machte dennoch Sozialabgaben an die österreichische Sozialkasse geltend. Hiergegen vertreten Alpenrind und Martin-Meat, dass der ungarische Sozialversicherungsträger zuständig sei, da er bis heute die ausgestellten Papiere nicht widerrufen hätte. Der streitentscheidende österreichische Verwaltungsgerichtshof legte diese Frage nun dem EuGH vor.

Nach Generalanwalt Øe entfaltet ein ausländisches Sozialversicherungsdokument gem. Art. 5 Abs. 1 EG/987/2009 bis zu dem Zeitpunkt Wirkung, solange es nicht widerrufen oder für ungültig erklärt wird. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Verwaltungskommission der EU eine Pflicht zur Rücknahme des Dokuments sieht und der ausstellende Träger es aber nicht widerrufen hat. Sofern personelle Verflechtungen zwischen Entsendungs- und Empfangsbetrieb bestehen, ist jedoch zu prüfen, ob die von ihnen vorgenommenen Entsendungen eine Umgehung darstellt. Dies ist nach Art. 12. Abs. 1  VO EG/883/2004 unzulässig. Danach sind inländische Krankenversicherungen in jedem Fall nach einer Beschäftigung von 24 Monaten zuständig. Einen Rechtsmissbrauch sieht Øe in dieser Konstellation jedoch nicht.

Der Fall hat in ganz Europa für Aufsehen gesorgt und ist von höchster praktischer Relevanz. Zahlreiche Mitgliedsstaaten – unter anderem auch Deutschland – haben im Vorfeld Stellung genommen.

 

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Wählen Sie das AuA-Cover des Jahres 2017!

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Montag, 5. Februar 2018

Wählen Sie das AuA-Cover des Jahres 2017!

Quelle: pixabay.com

Noch bis zum 12.12.2018 läuft die Wahl zum AuA-Cover des Jahres 2017. Verraten Sie uns, welcher Titel Ihnen am besten gefällt. Unter allen Teilnehmenden verlosen wir eine eine Krups KP 2305 Melody3 Dolce Gusto. Sie nehmen automatisch teil, wenn Sie uns eine E-Mail mit Ihrem Favoriten zusenden.

Wir freuen uns auf Ihr Feedback per Mail an: aua.redaktion@hussberlin.de

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Tarifeinigung zwischen Südwestmetall und IG Metall

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Dienstag, 6. Februar 2018

Tarifeinigung zwischen Südwestmetall und IG Metall

Quelle: pexels.com

Nach zähen Verhandlungen konnten sich Südwestmetall und IG Metall auf einen Tarifvertrag mit einer Laufzeit bis zum 31.3.2020 einigen. Die Vereinbarung enthält mit Blick auf die Flexibilisierung von Arbeitszeit neue Regelungen, an denen sich auch zukünftige Tarifforderungen orientieren könnten.

Ab dem 1.4.2018 wird das Realeinkommen der Belegschaft erhöht. So erhalten die Beschäftigten für Januar bis März dieses Jahres 100 Euro. Zudem vereinbarten die Parteien eine Einmalzahlung von 400 Euro ab dem Jahr 2019 und ein Zusatzgeld i. H. v. 27,5 % eines Monatsentgelts. Besonders weh tut aus Arbeitgebersicht aber die Entgelterhöhung um 4,3 %. Laut des Vorsitzenden von Südwestmetall Dr. Stefan Wolf schmerzt die vier vor dem Komma.

Neuland betritt der Tarifvertrag allerdings auf dem Gebiet der Flexibilisierung von Arbeitszeit. So soll es den Arbeitnehmern zukünftig möglich sein, ihre Arbeitszeit sachgrundlos sowie befristet auf bis zu 28 h pro Woche zu verringern. Die Unternehmen können dies nur ablehnen, wenn eine Reduzierung betrieblich nicht umsetzbar ist. Südwestmetall sieht hierin einen innovativen Tarifbaustein, der die Attraktivität der M+E-Betriebe als moderne Arbeitgeber unter Beweis stellt.

Im Gegenzug sind die gebundenen Betriebe aber auch berechtigt, das Arbeitszeitvolumen nach oben zu öffnen. Zwar ist es nicht gelungen, die Quote zu erhöhen, wonach eine Beschäftigung der Belegschaft mit einer Arbeitszeit von 40 h pro Woche auf 18 % begrenzt ist. Zumindest ermöglichen aber im Ergebnis Sonderquoten oder der Wechsel in eine kollektive Volumenbetrachtung eine leichte Erhöhung des Arbeitszeitvolumens. Wenngleich Wolf für die starre Quote von 18 % kein Verständnis hat, sind die Neuberechnung der Quote und Sonderquoten laut Wolf immerhin genauso viel wert. So ist z. B. eine Anhebung der Quote auf 30 % durch Betriebsvereinbarung möglich. Wolf sieht den Tarifvertrag deshalb im Ergebnis als vernünftig ausbalanciert an. Die sachgrundlose, befristete Teilzeitbeschäftigung soll hingegen von Südwestmetall innerhalb der Tariflaufzeit auf den Prüfstand gestellt werden. Geklärt werden muss, ob diese Flexibilisierung überhaupt handhabbar ist. Dies war auch während der Tarifverhandlungen ein hart umkämpftes Thema. So stuften einige Arbeitgeber die im Vorfeld der Tarifeinigung geführten Kampfmaßnahmen als rechtswidrig ein, weil die Forderung nach der sachgrundlosen sowie befristen Arbeitszeitregulierung bereits für sich unzulässig sei.

Jetzt sind die ersten großen Tarifverhandlungen des Jahres beendet. Es bleibt abzuwarten, welche Signalwirkung etwa die vereinbarten Flexibilisierungsmodelle auf zukünftige Verhandlungen haben. 2018 stehen etwa noch Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst, der Chemie-Industrie, dem Bauhauptgewerbe sowie bei Post, Bahn und Telekom an.

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Sozialversicherungsbescheinigung hat hohe Bindungswirkung

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Quelle: pexels.com
6. Februar 2018

Wie wir gestern berichteten, sieht Generalanwalt Øe in der Rechtssache (C-527/16) grundsätzlich die ausstellende Krankenkasse der Sozialversicherungsbescheinigung eines Mitgliedsstaats bis auf Widerruf als zuständig an.

Der EuGH (Urt. v. 6.2.2018 – C-359/16) schließt sich dieser Rechtsauffassung in einem weiteren Verfahren wohl an. Etwas anderes soll nur bei betrügerischer oder missbräuchlicher Ausnutzung der Vorschriften der EU gelten.

In dem nun vom EuGH entschiedenen Fall übte ein bulgarisches Unternehmen seine Hauptgeschäftstätigkeit in Belgien aus und wurde von einem belgischen Unternehmen für bauliche Tätigkeiten beauftragt. Im Inland war der bulgarische Betrieb hingegen überhaupt nicht tätig. Gleichwohl waren die beschäftigten Arbeitnehmer in Bulgarien sozialversichert. Im Anschluss baten die belgischen Behörden um erneute Prüfung und Widerruf der ausgestellten Sozialversicherungsbescheinigungen. Der bulgarische Träger reagierte hierauf unzureichend.

In einem zu diesem Sachverhalt anhängigen Strafverfahren ging es nun um die Frage, ob die ausgestellten bulgarischen Sozialversicherungsbescheinigungen Bindungswirkung für Belgien entfalten oder ob ein Sozialbetrug vorliegt.

Der EuGH weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit grundsätzlich von der ordnungsgemäßen Ausstellung einer Sozialbescheinigung auszugehen ist. Auf der anderen Seite lässt sich aus der loyalen Zusammenarbeit aber auch herauslesen, dass ausländische Sozialträger eine erneute Prüfung vornehmen müssen, sofern Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen.

Herrscht Uneinigkeit über die Rechtmäßigkeit, sind zwar die unionsrechtlichen Streitbeilegungsverfahren einzuhalten. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der ausländische Sozialträger innerhalb einer bestimmten Frist keine Stellung bezieht. Sofern weitere Anhaltspunkte den Verdacht erhärten, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht vorliegt, ist die Bindungswirkung hingegen aufgehoben. Hierbei handelt es sich laut EuGH um einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts.

Dem Urteil vom heutigen Tage ist somit zu entnehmen, dass grundsätzlich eine ausgestellte Sozialversicherungsbescheinigung hohe Bindungswirkung bei EU-Mitgliedsstaaten entfaltet. Wenn allerdings betrügerische oder missbräuchliche Anhaltspunkte vorliegen und der ausstellende Träger nicht innerhalb einer Frist dezidiert auf eine erbetene Prüfung reagiert, entfällt diese Bindungswirkung.  

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Einigung zwischen Lufthansa und ver.di

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Mittwoch, 7. Februar 2018

Einigung zwischen Lufthansa und ver.di

Quelle: pixabay.com

Lufthansa und ver.di haben sich über einen Tarifvertrag für die ca. 28.000 Bodenbeschäftigten geeinigt. Ruhe kehrt damit bei dem Unternehmen aber wohl nicht ein.

Nach übereinstimmenden Meldungen sollen die Mitarbeiter bei einer Laufzeit von 33 Monaten eine Lohnerhöhung von 6 % erhalten. Die Gehälter steigen rückwirkend ab dem 1.2. um 3 %. Am 1.3.2019 ist wiederum eine Steigerung in gleicher Höhe geplant.

Ob auch über Flexibilisierungsmodelle wie bei den Tarifverhandlungen zwischen Südwestmetall und IG Metall – über die wir berichteten– gesprochen wurde, ist nicht bekannt.   

Zum jetzigen Zeitpunkt hat die Lufthansa mit allen Beschäftigungsgruppen Tarifverträge abgeschlossen. Allerdings laufen teilweise die Verträge mit der Ufo-Gewerkschaft über die Flugbegleiter im Jahr 2018 aus. Streiks wurden bereits für Anfang 2019 angedroht. Zudem hatte die Lufthansa nach jahrelangem Tauziehen eine Einigung mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit erzielt. Der momentane Frieden wird damit wohl eher von kurzer Dauer sein.

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Prof. Dr. Thomas Steger

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Prof. Dr. Thomas Steger

Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Führung und Organisation, Universität Regensburg
Mitarbeiter beteiligen! (aus AuA 2/18)

Der Berliner Appell für mehr Vermögensbildung in Mitarbeiterhand und der Tag der Teilhabe, der im Dezember vergangenen Jahres zum zweiten Mal mit viel Prominenz aus Politik, Unternehmen und Verbänden bzw. Gewerkschaften in Berlin über die Bühne gegangen ist, haben die Idee einer breiteren Beteiligung am Unternehmenskapital in Deutschland wieder einmal in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Das Thema ist selbstverständlich alles andere als neu.

Die Verteilungsproblematik, also die Frage nach der gerechten Aufteilung des in der Wirtschaft erarbeiteten Mehrwertes, ist ein Dauerbrenner in der gesellschaftlichen Debatte. Einfache Lösungen gab es hier eigentlich noch nie – auch wenn dies manche Propagandisten am rechten oder linken Rand des politischen Spektrums in der Vergangenheit immer mal wieder behauptet haben. Interessante Ansätze dafür gibt es aber durchaus. Eine solche Option ist in der Tat die Mitarbeiterkapitalbeteiligung (MKB). Die einschlägige Fachliteratur kennt eine große Zahl von Studien, die die Vorteile dieser Modelle herausgearbeitet haben. Für die Unternehmen sind dies etwa eine Erhöhung der Motivation und der Mitarbeiterbindung, eine Steigerung der Produktivität oder eine Senkung der Fehlzeitenquote. Die Arbeitnehmer bekommen Zugang zu einer hoch rentierlichen Anlageform für ihre Vermögensbildung und erfahren ein höheres Maß an Wertschätzung.

Ein guter Grund also, so sollte man meinen, dass sich auch die zukünftige Bundesregierung, die ja momentan auf der Suche nach zukunftsweisenden Ideen ist, dieses Thema auf die Fahnen schreiben sollte. Die MKB ist ein kreatives, zukunftsgerichtetes Instrument, das den sozialen Frieden festigen, eine Brücke zwischen Kapital und Arbeit schlagen, feindliche Übernahmen verhindern, rein gewinnmaximierende Zerschlagungen von Firmen erschweren und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft fördern kann. Forderungen nach einem Abbau von bürokratischen Hürden und einer stärkeren steuerlichen Förderung von MKB, die von vielen Seiten erhoben werden, erscheinen also mehr als angebracht. Natürlich hat auch diese Medaille eine Kehrseite: Kritische Autoren verweisen auf Gefahren der Unübersichtlichkeit der Unternehmensführung und Verantwortung, auf Ängste vor Kontrollverlust bei den bisherigen (Allein-)Eigentümern oder auch auf das sog. Doppelrisiko für die Mitarbeiter, die im Extremfall nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern auch ihre Kapitaleinlage verlieren könnten. Welcher Seite soll man nun Glauben schenken? Notwendig ist vor allem eine überlegte Herangehensweise – drei Komponenten seien hier besonders benannt.
Erstens die juristische Komponente: Für die MKB gibt es unterschiedliche Formen und Modelle. Maßgeschneiderte, auf den jeweiligen Arbeitgeber angepasste Lösungen sind möglich, aber sie bedürfen der sauberen, abgestimmten vertraglichen Fixierung. Entsprechendes Knowhow von Rechtsanwälten und Steuerexperten ist hierzu unerlässlich, nicht zuletzt auch mit Blick auf den Abbau von Unsicherheiten und das Vermeiden von Missverständnissen.
Zweitens die kulturelle Komponente: Eine MKB stellt zwar nicht alles auf den Kopf – aber sie hat Konsequenzen. Es ist darum angezeigt, vorab kritisch zu hinterfragen, ob ein entsprechendes Modell auch zum Unternehmen und seiner Kultur passt. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass eine materielle Beteiligung der Beschäftigten am ehesten positive Effekte hat, wenn es mit einer immateriellen Beteiligung (sprich: einer entsprechenden Beteiligungskultur) verknüpft ist.
Drittens die strategische Komponente: Unternehmen sind Schauplätze von Akteuren mit unterschiedlichen Interessen. Das gilt es unbedingt zu beachten. Leider wird bisher, auch in der Fachliteratur, die Betrachtung der Mitarbeiterperspektive mit Blick auf MKB noch stark vernachlässigt. Eine unserer Studien am Lehrstuhl hat deutlich gezeigt, dass dieser Aspekt von den Firmenleitungen häufig übersehen wird oder unberücksichtigt bleibt. Ein offener Diskussionsprozess über die Absichten und Ziele der verschiedenen Akteure im Zusammenhang mit MKB ist hier unbedingt erforderlich, wenn die damit verbundenen Ziele erreicht und Erwartungen nicht enttäuscht werden sollen.

Vor einer Beteiligung der Arbeitnehmer am Firmenkapital braucht einem also nicht bange sein. Die Chancen überwiegen – sofern alle Beteiligten bereit sind, die damit verbundenen Probleme und Herausforderungen nicht zu negieren oder zu ignorieren, sondern sie klar zu benennen und gemeinsam anzugehen.

 

[node:field_ra_titel] Gabriele Sommer

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1990 Einstieg als Sachverständige für Altlasten beim damaligen TÜV Bayern. Über die Jahre verschiedene Funktionen und Verantwortungen im In- und Ausland. 2006 Berufung in die Geschäftsleitung der TÜV SÜD Management Service GmbH. Anschließend Geschäftsführerin der TÜV SÜD Life Service GmbH und seit 2011 verantwortlich für die Human Resources der TÜV SÜD AG weltweit.

Was und wo haben Sie gelernt?
Ich bin in Brasilien aufgewachsen und habe dort mein Abitur gemacht. Anschließend habe ich dann Geologie an der TU in München studiert. Meine Kenntnisse aus dem Personalbereich habe ich mir – learning by doing – durch meine Führungstätigkeiten angeeignet.

Wären Sie nicht Personalerin geworden, was dann?
Ich bin aus vollem Herzen Geologin geworden, allerdings hat es mich als junge Frau ans Theater auf die Bühne gezogen … Personalerin wurde ich, weil ich in meiner Zeit als operative Managerin immer den Menschen an erste Stelle gesetzt habe. Man kann ohne Menschen nicht erfolgreich sein.

Warum haben Sie sich für Ihren Beruf entschieden?
Die Verbindung zwischen Südamerika und Afrika hat mich fasziniert, insbesondere der dortige Ressourcenreichtum in Bezug auf Seltene Erden und deren Entstehungsgeschichte. Deshalb das Studium. Managerin wurde ich, weil ich neugierig bin, Menschenliebe und in allem Verbesserungsmöglichkeiten sehe und suche.

An meinem Beruf fasziniert mich/mag ich besonders ...
… die Möglichkeit, Veränderungen zu erkennen, anzustoßen und umzusetzen und die Menschen dazu zu bewegen, sich mit mir auf einen nicht immer einfachen Weg zu begeben.

Wenn ich an meine ersten Berufsjahre denke, ...
… erinnere ich mich besonders an einen Chef, der mich gefördert, gefordert und vor allem motiviert hat, mich weiterzuentwickeln. Ich verdanke ihm sehr viel.

Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem beruflichen Weg am meisten genützt?
Sich selbst nicht zu ernst zu nehmen und fähig zu sein, über sich selbst am meisten zu lachen. Außerdem in der Lage zu sein, sich selbst mit Ehrlichkeit zu begegnen und sich nicht in die eigene Tasche zu lügen sowie Aufrichtigkeit und Bescheidenheit zu praktizieren.

Welche (sozialen) Netzwerke nutzen Sie?
LinkedIn, Familien- und Freundechats via WhatsApp, das gute persönliche Gespräch mit Familie, Freunden und Kollegen.

Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückwirkend anders treffen?
Rückwirkend keine einzige – vielleicht würde ich heute mehr hinterfragen – aber meine Spontanität und Neugier sind unverändert stark.

Arbeitnehmer sind dann gut, wenn ...
… ohne Arbeitnehmer ist ein Arbeitgeber nichts.

Was war Ihre beruflich schwerste Entscheidung?
Die erste Entlassung. Es war ein älterer Kollege und ich war noch jung …

Welche Themen sind für Sie die wichtigsten der nächsten zwölf Monate?
„Proaktiv“ Veränderungen Richtung Digitalisierung vorantreiben und mit den Kollegen die Fähigkeit zu entwickeln, das eigene Businessmodell als Wettbewerber disruptiv zu betrachten. Prozesse weiter verbessern. Hierarchiesilos aufbrechen.

Arbeit bedeutet mir ...
… ist ein wichtiger Teil meines Lebens.

Was fällt Ihnen zu „Arbeit und Arbeitsrecht“ ein?
Immer aktuell und eine große Hilfe, wenn es um Auslegung und Updates in der Rechtsprechung geht.

Was lesen Sie in AuA zuerst?
Alles, was mich bzgl. Führen weiterbringt.

Welche Rituale pflegen Sie?
Essen mit meinen Kindern, Weihnachten mit der gesamten Familie feiern, Familienfeste und am Wochenende nur ich selbst sein.

Mit wem würden Sie gerne mal ein Bier/ein Glas Wein trinken?
Hildegard Hamm-Brücher, auch wenn das leider nicht mehr möglich ist.

Wohin würden Sie gerne einmal reisen?
Botswana.

Welches ist Ihr Lieblingsbuch?
Mein Name sei Gantenbein (Max Frisch).

Ihre größte Leidenschaft ist ...
… Lesen und Träumen.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
„Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.“

Position: 
Leiterin Konzernbereich Personal TÜV SÜD AG mit Sitz in München und rund 24.000 Mitarbeitern weltweit
Nachname: 
Sommer
Vorname: 
Gabriele

IT-Arbeitsrecht

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Digitalisierte Unternehmen: Herausforderungen und Lösungen

Von Dr. Stefan Kramer (Hrsg.), Verlag C. H. Beck, München 2017, 456 Seiten, Preis: 89 Euro

Die Wirtschaft – sowohl Produktions- als auch Dienstleistungsbetriebe sowie deren Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten – befindet sich in einem rasanten, dispruptiven Umbruch: Die 4. industrielle Revolution und das Internet of Things, Services and Processes/People (IoTSP) haben begonnen und schreiten rasch sowie unaufhaltsam voran. Kernbegriffe sind u. a. Digitalisierung, Vernetzung, Automatisierung und Arbeit 4.0, die fast alle Betriebe und Unternehmen betreffen. Ohne Informationstechnologie funktioniert die Arbeitswelt nicht mehr.

Ziel dieses neuen Handbuches ist es, die damit verbundenen zahlreichen neuen Fragestellungen für das Arbeitsrecht zu beleuchten und praxisgerechte Lösungen aufzuzeigen. Der Herausgeber und die weiteren zwölf Bearbeiter sind renommierte Fachanwälte und Richter, die sich seit Jahren in Literatur und Praxis mit den Rechtsfragen an der Schnittstelle von IT und Arbeitsrecht befassen.

Das Werk gliedert sich in fünf große Kapitel mit jeweiligen Unterabschnitten: A. IT in der Arbeitswelt, B. Individualarbeitsrecht (1. IT-Erklärungen im Arbeitsverhältnis, 2. IT-Nutzung als Pflichtverletzung: Abmahnung und Kündigung, 3. Haftung des AN im Rahmen der IT-Nutzung, 4. Kontrolle der IT-Nutzung, 5. Prozessuale Verwertbarkeit von Kontrollergebnissen, 6. IT-Nutzung als Regelung im Arbeitsverhältnis, 7. Homeoffice und virtuelle Arbeitsplätze, 8. Bring your own device (BYOD), 9. Überwachung durch IT und Datenschutz, 10. Social Media, 11. Ständige Erreichbarkeit durch IT-Mittel und Arbeitsschutz, 12. Elektronische Personalakte, 13. IT-Fortbildung im Arbeitsverhältnis), C. Kollektives Arbeitsrecht (1. Betriebsrat und Datenschutz, 2. Einsatz von IT im Bereich des Betriebsverfassungsrechts, 3. Gestaltung des IT-Einsatzes durch Betriebsvereinbarungen, 4. IT-Infrastruktur für die Betriebsratsarbeit, 5. IT-Fortbildung des Betriebsrats, 6. IT-Einsatz bei gewerkschaftlicher Werbung und Information im Betrieb), D. IT Arbeitsstrafrecht (1. Videoüberwachung am Arbeitsplatz, 2. Überwachung der Kommunikation, 3. E-Mail und Internetüberwachung, 4. Mitarbeiterüberwachung und Internal Investigations), E. Sozialversicherungs- und steuerrechtliche Behandlung der IT (u. a. Nutzungsvorteile als Arbeitsentgelt i. S. v. § 14 SGB IV, steuerfreie Überlassung). Es folgt ein 15-seitiges Stichwortverzeichnis.

Die Übersichtlichkeit wird durch Randziffern, übersichtliches Layout, ausgewählten Fettdruck und Fußnoten mit Verweisen auf Rechtsprechung (mit Datum, Aktenzeichen und Fundstelle) und Literatur gefördert. Zahlreiche optisch hervorgehobene Schaubilder bzw. grafische Darstellungen (z. B. B Rdnr. 73: Wichtige formbedürftige Erklärungen im Arbeitsverhältnis, B Rdnr. 760: Datenschutzrechtliche Interessenabwägung, C Rdnr. 241: Anspruch des BR auf IT-Mittel), Praxistipps (bspw. B Rdnr. 204: IT-Privatnutzung), Muster (z B. B Rdnr. 615: Homeoffice-Vereinbarung, B Rdnr. 853: Social-Media-Guideline), Hinweise (etwa B Rdnr. 537: zeitliche Begrenzung Privatnutzung), Beispiele (C Rdnr. 59: Mitbestimmungsgegenstände § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, B Rdnrn. 892, 894, 897: Beeinträchtigung des Urlaubsanspruchs durch IT) und Checklisten (B Rdnr. 651: BYOD, C Rdnr. 183 ff: Regelungsinhalte verschiedener typischer IT-Betriebsvereinbarungen) geben wichtige Hinweise und Empfehlungen zur Veranschaulichung, Gestaltung und den Transfer in die praktische Umsetzung.

Fazit: Wer sich als Rechtsanwalt, Verbands-/ Unternehmensjurist, Personalverantwortlicher, Betriebsrat oder Datenschutzbeauftragter mit ITFragen im Arbeitsverhältnis beschäftigt, findet im Handbuch eine aktuelle und ausgezeichnete Darstellung sowie praxistaugliche Lösungsansätze. Das Werk erschließt in dieser Form erstmalig, umfassend und zusammenhängend die Schnittstelle von IT und Arbeitsrecht.

RA Volker Stück, Aschaffenburg

Mit neuer Autorität in Führung

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Die Führungshaltung für das 21. Jahrhundert

Von Frank H. Baumann-Habersack, Springer Gabler, 2. Aufl., Wiesbaden 2017, 177 Seiten, Preis: 34,99 Euro

Frank Baumann-Habersack legt mit seinem Buch zur Humanisierung von Organisationen als strategisches Erfolgspotenzial einen Leitfaden für Entscheider in Politik und Wirtschaft vor. Der Autor bietet nichts Geringeres als eine konkrete Perspektive zur kulturellen und strategischen Veränderung von Organisationen. Führung nach seinem Verständnis der „neuen Autorität“ bedeutet eine Art Kulturrevolution. Demokratisierung wird zum wirtschaftlichen Erfolgskonzept. Diskurs ersetzt Direktive. Entscheider ordnen nicht mehr an, sondern überzeugen. Sie generieren Sinn, Transparenz und kooperative Handhabbarkeit komplexer vernetzter Zusammenhänge im Zeitalter von Digitalisierung.
Baumann fokussiert seine Ausführungen vorrangig auf Unternehmen der Wirtschaft. Aber die aufgezeigten Impulse und Ausblicke lassen sich ohne Weiteres auch auf andere Systeme der Gesellschaft, wie Politik, Gesundheitswesen, Schule und Familie, übertragen. Deshalb werden Verantwortungsträger in diesen Bereichen, z. B. Geschäftsführer, Führungskräfte und Organisationsentwickler, aber auch Berater und Coaches, von der Lektüre profitieren. Sie erhalten mit diesem Buch einen informativen und bereichernden Leitfaden. Er hilft, eigenes Verhalten zu reflektieren, autoritäre Strukturen zu erkennen und als Gegenentwurf einen glaubwürdigen, respektvollen Führungsstil zu entwickeln. Damit steigern sie die Wirksamkeit ihres Handelns zum Vorteil aller Beteiligten. Baumanns Argumente und Thesen zeigen, wie über eine achtsame, wertschätzende und sich permanent selbst reflektierende Führungskultur die Leistungsfähigkeit von Teams, Abteilungen und ganzen Organisationen nachhaltig zu verbessern ist. Dazu gehört effektive Kommunikation über Arbeitsziele, Strukturen, Verantwortlichkeiten und Prozesse sowie eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Führung und Mitarbeitenden auf Augenhöhe. Sein demokratisches, diskursives und partizipatives Führungsverständnis ist ein Erfordernis für die komplexen Veränderungsprozesse, in denen sich Unternehmen und unsere Gesellschaft insgesamt befinden. Aber es ist gleichzeitig auch ein Beitrag zur Humanisierung der Arbeit sowie zum Erhalt der psychischen und physischen Leistungsfähigkeit von Beschäftigten.
Gesundheitsreports von Krankenkassen und Berechnungen des Statistischen Bundesamtes dokumentierten einen kontinuierlichen Anstieg von krankheitsbedingten Fehltagen und Krankheitskosten seit Anfang/Mitte des letzten Jahrzehnts. Die Kosten sind auch für Arbeitgeber immens hoch. Vor diesem Hintergrund ist die von Baumann aufgezeigte Option der Verbesserung von Arbeitsbedingungen von erheblicher Bedeutung. Gilt doch gerade der Anstieg von Fehltagen aufgrund psychischer Erkrankungen als besonders signifikant. Somit dürften auch Verantwortliche für Betriebliches Gesundheitsmanagement sowie Arbeitnehmer und deren Vertreter das Buch als einen Fundus wegweisender Anregungen empfinden. Denn es zeigt, wie im betrieblichen Alltag Strukturen, Prozesse und Führung gleichermaßen leistungs- und gesundheitsorientiert gestaltet werden können. Baumanns Ausführungen lassen sich deshalb auch als Präventionsprogramm und strategisches Erfolgspotenzial für betriebliches Gesundheitsmanagement nutzen. Insofern rückt seine „Neue Autorität in Führung“, die sich auf den ersten Blick scheinbar eher aus sozial- sowie unternehmensethischen Werten ableiten lässt, in den Fokus einer rentabilitätsorientierten Unternehmenspolitik. Sie wird zu einem gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Topthema.

Das Buch ist trotz seines hohen Informationsgehalts sowie der vielfältigen Perspektiven und Argumente gut und zügig zu lesen. Dies liegt am praxisorientierten, verständlichen Sprachstil des Autors, der Komplexität reduziert. Dabei liefert er einen großen Fundus an etymologischen, historischen, wirtschaftlichen und politischen Hintergrundinformationen zum Autoritätsbegriff. Und er stellt dessen Bezüge zu den Begriffen Bürokratie, Macht, Gewalt und Herrschaft klar strukturiert dar. Vor diesem Hintergrund gelingt es ihm, die Führungsstilmodelle der letzten Jahrzehnte einzuordnen, zu bewerten und Affinitäten zu autoritärem Führen aufzuzeigen. Spannend und gut nachvollziehbar beschreibt er, wie das Verhalten von Führungskräften durch ihre Persönlichkeitsstruktur, ihre Biografie, ihr erlerntes Rollenverhalten, ihr Wertesystem, ihr Wissen und ihr situationsbedingtes Stresslevel geprägt wird. Und er begründet eindringlich, welchen entscheidenden Einfluss der strukturelle und bürokratische Kontext, in dem Führungskräfte arbeiten, auf ihren Führungsstil hat.
Seine Analyse von Strukturen, Verhalten, Beziehungsmustern und den damit verbundenen Abhängigkeiten untereinander ist übersichtlich, terminologisch präzise, fundiert, konzeptionell begründet und ohne sprachliche Unschärfen. Die Anreicherung mit praktischen Beispielen aus beruflichen Alltagssituationen erleichtert das Verständnis. Sie fördert die Selbstreflexion der Leser. Und sie liefert konkrete Anregungen mit praxistauglichen Beschreibungen, wie neue Autorität in Abgrenzung zu alten autoritären Mustern sowohl im Unternehmensalltag als auch in den Systemen Familie und Politik gelebt werden kann. Der logische Aufbau der Arbeit ermöglicht es, leicht zwischen den Kapiteln hin und her zu wechseln. Dadurch lassen sich Zusammenhänge noch besser erschließen. Absolut hilfreich sind die Zusammenfassungen vor jedem Abschnitt sowie die jeweils abschließenden Management Summarys. Das Handling der Arbeit wird unterstützt durch die Literaturhinweise am Ende jedes Kapitels. Diese Anordnung vermeidet bei der Suche nach den verwendeten Quellen lästiges Weiterblättern bis zum Ende des Buches.

Fazit: Unternehmensstrukturen gehören auf den Prüfstand. Durch sie möglicherweise induzierte „Spannungsfelder und Konflikte“ sind offenzulegen. „Aus ihnen resultierende Probleme“ der Führung dürfen nicht auf die individuelle Verantwortung einzelner Akteure abgewälzt werden. Hier liegt eine Aufgabe von Verantwortungsträgern in Wirtschaft und Politik im 21. Jahrhundert. Über Kommunikation, Kooperation und mehr Menschlichkeit in ihrem Verhalten sollen sie an einer kulturellen Veränderung unserer Organisationen und damit unserer Gesellschaft in Richtung „mehr Demokratie“ mitwirken. Dies setzt soziale Schlüsselkompetenzen und reflektiertes Verhalten voraus. Nach Baumann: „Präsenz, Selbstkontrolle, Vernetzung, Deeskalation, Wiedergutmachung, Transparenz und Beharrlichkeit“. Gerade in einer Zeit der Zunahme politischer Vereinfachungen, Radikalisierungen und autoritärer Tendenzen in der öffentlichen Debatte und in sozialen Netzwerken kommt es darauf besonders an. Frank Baumann-Habersack leistet mit seinem Buch dazu einen richtungweisenden Beitrag.

Felix Brode, Trainer, Coach, Berater, Köln


Koalitionsvertrag – ein arbeitsrechtlicher Überblick

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Donnerstag, 8. Februar 2018

Koalitionsvertrag – ein arbeitsrechtlicher Überblick

Quelle: pixabay.com

Die neue Bundesregierung in der 19. Legislaturperiode rückt immer näher. CDU/CSU und SPD konnten am Mittwoch einen Koalitionsvertrag aushandeln. Zudem kommen die Spekulationen über die Köpfe im Kabinett ins Rollen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) soll nach übereinstimmenden Medienberichten Eva Högl (SPD) übernehmen. Die Juristin war bereits von 1999-2009 für das BMAS tätig. Ab 2006 leitete sie das Referat "Europäische Beschäftigungs- und Sozialpolitik; Europabeauftragte". Seit 2009 sitzt Högl im Bundestag. Der Redaktion liegt ein Koalitionsvertrag im Entwurf vor. Wir fassen die wichtigsten Zielsetzungen aus Arbeitgeberperspektive zusammen:

Bessere Integration von Langzeitarbeitslosen
Die große Koalition plant, Langzeitarbeitslose durch Lohnkostenzuschüsse besser zu integrieren. Demnach orientieren sich die Lohnkostenzuschüsse am Mindestlohnen und sollen Arbeitgebern einen finanziellen Anreiz schaffen, Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Förderung des lebensbegleitenden Lernens
Im Zuge der Digitalisierung erhöht sich der Weiterbildungsbedarf. Hierzu sollen staatliche Förderungen der beruflichen Weiterbildung ausgeweitet werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Digitalisierung. Auf der anderen Seite möchte die GroKo aber auch Betriebsräte mit einem Initiativrecht zur Weiterbildung stärken. Insofern hat der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat über Weiterbildungsmaßnahmen zu beraten und eine Einigung zu treffen.

Gründung und Wahl vom Betriebsrat vereinfacht
Weiterhin soll die Gründung und Wahl der Betriebsräte vereinfacht werden. Fortan ist für Betriebe von 5-100 Arbeitnehmern das vereinfachte Wahlverfahren verpflichtend. Zudem will die Koalition für Betriebe mit Arbeitnehmern zwischen 101-200 Arbeitnehmern ein Wahlrecht schaffen. Danach kann gewählt werden, ob das vereinfachte oder allgemeine Wahlverfahren zur Anwendung kommt.

Regulierung von Kettenbefristung
Sachgrundlose Befristungen bleiben wie bisher bestehen. Es erfolgt allerdings eine Regulierung der Sachgrundbefristungen. So wird für diese nur noch eine Höchstdauer von maximal fünf Jahren zulässig sein. Eine mehrmalige Befristung ist in diesem Zeitraum weiterhin möglich.
Ebenso wird bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern die Tätigkeit als Leiharbeitnehmer auf die befristete Gesamtdauer angerechnet. In diesem Fall ist ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis erst nach einer Karenzzeit von drei Jahren möglich.

Öffnungsklausel bei der Arbeitszeit
Der Koalitionsvertrag spricht sich weiterhin teilweise für eine Öffnung der täglichen Arbeitszeit über acht Stunden aus. Zumindest sollen Abweichungen durch Tarifvertrag (wie etwa bei den Tarifverhandlungen Südwestmetall und ver.di) vom ArbZG möglich sein.

Einschränkung von Arbeit auf Abruf
Die Arbeit auf Abruf wird weiter eingeschränkt. Die vereinbarte Mindestarbeitszeit darf demnach wenigstens 20 % unterschreiten und höchsten 25 % überschreiten.

Befristeter, sachgrundloser Teilzeitanspruch
Die Koalition möchte zudem einen befristeten Teilzeitanspruch einführen. Danach haben Arbeitnehmer für eine Zeitspanne von einem bis fünf Jahren einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit. Der Anspruch besteht nur bei Unternehmen, die mehr als 45 Mitarbeiter beschäftigen. Für Unternehmen mit 46-200 Angestellten ist zudem Voraussetzung, dass die Verringerung zumutbar ist.
Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer hält den Koalitionsvertrag in weiten Teilen für enttäuschend: „Vieles bleibt wirtschaftlich unvernünftig und bedeute weniger Flexibilität für die Unternehmen, dafür aber ein Mehr an Belastung und Regulierung.“
Abzuwarten ist somit, welche Veränderungen im politischen Diskurs zu Tage treten. An diese Themen knüpfen wir am 27. und 28. Februar 2018 auf unserem diesjährigen Kongress Arbeitsrecht (www.kongress-arbeitsrecht.de) unter der Schirmherrschaft der BDA an. Dabei wird der inhaltliche Schwerpunkt auf dem schnellen Wandel des Arbeitsrechts liegen. Sie sind herzlich eingeladen, an der Veranstaltung teilzunehmen.

Hier können Sie den Koalitionsvertrag im Entwurf herunterladen.

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Fachkräfte global anwerben

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Donnerstag, 8. Februar 2018

Fachkräfte global anwerben

Quelle: pixabay.com

Das Online-Portal „Make it in Germany“, das im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums betrieben wird, hat die Marke von 15 Millionen Besuchern überschritten. Zuwanderungsinteressierte Fachkräfte sollen hier Informationen für eine Arbeit in Deutschland erhalten.

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries möchte damit im globalen Wettkampf um die klügsten Köpfe aufholen. Man will mit dem Angebot vor allem Arbeitnehmer aus dem Ausland ansprechen – und tatsächlich stammen fast 90 % aller Zugriffe bspw. aus den USA, Indien, Vietnam, Russland und Mexiko.

Zusätzlich zur Webseite stehen den Interessierten auch Newsletter, ein YouTube-Kanal, Chats, E-Mailverteiler sowie persönliche Telefonate oder „Question and Answer“-Sessions zur Verfügung.

Aufbauend auf der EU blue card, die es ausländischen Fachkräften ermöglichen soll, innerhalb des Unionsgebiets einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, scheint gerade das Interesse an Deutschland besonders hoch zu sein.

 

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Qualifikation und Tätigkeit passen oft nicht zusammen

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Freitag, 9. Februar 2018

Qualifikation und Tätigkeit passen oft nicht zusammen

Quelle: pixabay.com

Nach einer Studie des Lehrstuhls für Empirische Wirtschaftsforschung der Ruhr-Universität Bochum übernehmen knapp 21 % der Arbeitnehmer Tätigkeiten, für die sie nicht ausgebildet sind. Noch krasser fällt der Befund bei Beschäftigten ohne Berufsausbildung aus: Danach üben 54 % Tätigkeiten aus, für die sie eigentlich formal unterqualifiziert wären. Jede fünfte ungelernte Fachkraft schlägt sogar eine berufliche Laufbahn auf Meister- oder Akademikerniveau ein.

Beschäftigte würden das notwendige Wissen häufig direkt beim Arbeitgeber erlernen. Hinzu kämen durch die praktische Tätigkeit oftmals weitere soft-skills. Auf der anderen Seite verdienen Unterqualifizierte im Schnitt aber auch 7-11 % weniger.

Jörg Dräger von der Stiftung Bertelsmann resümiert deshalb, dass das Knowhow gerade bei ungelernten Fachkräften unzureichend anerkannt werde: „Praxiswissen ist für die persönliche Entwicklung im Unternehmen die wichtigste Währung, bei Bewerbungen wird aber trotzdem vor allem auf den Abschluss geschaut.“

In Auswahlverfahren sollten deshalb ungelernte Bewerber nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Es ist vielmehr zu berücksichtigen, ob die Tätigkeitsfelder den beruflichen praktischen Anforderungen entsprechen. In diesem Fall kann ein vermeintlich unterqualifizierte Bewerber eine gleichwertige Alternative darstellen.

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Viele Arbeitsplätze ab 2020 auf dem Prüfstand

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Montag, 12. Februar 2018

Viele Arbeitsplätze ab 2020 auf dem Prüfstand

Quelle: pexels.com

Ab 2020 werden aufgrund fortschreitender Digitalisierung und künstlicher Intelligenz nach einer Studie von PriceWaterhouseCoopers (PwC) viele Arbeitsplätze überflüssig. Jedoch seien nicht alle Branchen gleichermaßen betroffen.

Laut Studie sind von 2020–2030 drei Wellen der Digitalisierung zu erwarten. Die Digitalisierung beginnt danach in der Arbeitswelt mit der „Algorithmus-Welle“. Danach seien Maschinen in der Lage, einfache Rechenaufgaben und kleinere Datenverarbeitungen selbstständig zu erledigen. Hieran schließe die „Steigerungs-Welle“ an, wonach einfachere Jobs teilautonom übernommen werden könnten. So sei etwa die Befüllung eines Warenhauses fast autonom durch Roboter zu erledigen. In der letzten Phase, der „autonomen Welle“, soll künstliche Intelligenz komplexere Aufgaben vollständig autonom erledigen können (z. B. vollautonomes Transportwesen oder Lagerhaus).

Welche Unternehmen von der der Digitalisierung besonders betroffen sind, hängt nach der Studie von drei Faktoren ab – vom Bildungslevel, Geschlecht und der Branche. Hinsichtlich Letzterer seien die Bereiche Lagerung, Transport und Herstellung besonders von der Übernahme durch Roboter und künstliche Intelligenz tangiert. Soziale Berufe seien hingegen weniger stark bis überhaupt nicht berührt.
In den ersten beiden Wellen würden Frauen zudem stärker getroffen, weil sie häufig im Verkaufs- oder Servicebereich tätig sind. Die letzte Welle sei für Männer hart, da dann die Vollautomatisierung von Lagertätigkeiten und des Transportwesens erfolge. Insgesamt würde die Digitalisierung Männer stärker belasten, da Frauen auch häufig soziale Berufe ausübten, auf die sich der Wandel weniger auswirke. Kaum ausschlaggeben sind die Altersgruppen. So seien Alle wären nahezu gleichermaßen betroffen, jedoch sei es für junge und alte Menschen besonders notwendig, sich auf den digitalen Arbeitsmarkt einzustellen.
Besonders entscheidend sei das Bildungslevel: Berufsgruppen, die einen hohen Bildungsgrad erfordern, seien grundsätzlich einfacher in den digitalen Markt zu integrieren und gerade erforderlich, um die digitalen Systeme weiterzuentwickeln. Gruppen mit geringeren Anforderungen an die Bildung seien dagegen leichter ersetzbar.

Neben den immensen beruflichen Einwirkungen sieht PwC aber auch eine Chance in der Digitalisierung, weiterhin wachstumssteigernd zu arbeiten. Die Unternehmensberater appellieren in der Studie an den Gesetzgeber, Bildungsmaßnahmen zu schaffen, um den Arbeitsmarkt auf die großen Veränderungen vorzubereiten. So seien z. B. Unternehmen im Transportwesen oder Servicebereich besonders betroffen. Die Politik müsse hier ansetzen und Arbeitgeber sowie deren Belegschaft mit entsprechenden Bildungspaketen fördern.

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Kapazitätsengpässe im Arbeitsrecht zu befürchten

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Mittwoch, 14. Februar 2018

Kapazitätsengpässe im Arbeitsrecht zu befürchten

Quelle: pixabay.com

Der Bundesverband der Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU) hat Mitglieder mit Leitungs- und/oder Budgetverantwortung aus 100 Unternehmen zur aktuellen Lage befragt.

Danach ist ein deutlich höherer Bedarf an arbeitsrechtlichen Themen messbar. Während im letzten Jahr 14 % von einem höheren Aufwandsvolumen ausgehen, beantwortet diese Frage jetzt schon jeder Vierte mit Ja.
Trotzdem sollen laut der Umfrage bei 12 % der Unternehmen arbeitsrechtliche Stellen abgebaut werden. Im Vorjahr sollten überhaupt keine entsprechenden Arbeitsplätze gestrichen werden.

Nahezu gleichbleibend schwierig halten es 70 % der Umfrageteilnehmer, erfahrene Arbeitsrechtler anzuwerben. Auch sei es schwieriger, Berufsanfänger zu rekrutieren. Dieser Wert stieg mit 10 % auf das Fünffache. So verwundert auch nicht, dass immer noch ein Drittel der zu besetzenden Stellen alternativ mit Berufsanfängern besetzt werden. 

Insgesamt habe sich die Lage im Vergleich zu 2017 leicht verschlechtert. Dennoch bestehe immer noch ein hoher Bedarf an arbeitsrechtlichen Themen.

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